Die narzisstische Mutter

Kinder narzisstischer Mütter führen meist einen lebenslangen leidvollen Kampf, um sich aus dieser verhängnisvollen Verstrickung zu lösen.

Denn narzisstische Mütter lassen ihre Kinder, ihr Eigentum niemals ziehen.

 

Für sie ist das Kind ein Teil ihrer Selbst. Es wird von Geburt an nicht als eigenständiger Mensch gesehen und behandelt. 

Die narzisstische Mutter hat die Angewohnheit, ihr Kind für ihre Zwecke zu instrumentalisieren.

Sie verkennt die wahre Veranlagung ihres eigenen Kindes, sieht über sein wahres Wesen und seinen inneren Reichtum frevelhaft hinweg.

Unerwünschte Persönlichkeitsanteile des Kindes, blendet die narzisstische Mutter einfach aus und behandelt es als reines Objekt, welches mit einer dreisten Selbstverständlichkeit ihrem Idealbild und nur ihrem Idealbild zu entsprechen hat.

Demnach darf das Kind auch keine abweichenden Handlungen vollziehen, eigene Gefühle und Ansichten äußern, geschweige denn haben.

 

Narzisstische Mütter nutzen die Abhängigkeit des Kindes zur Befriedigung ihrer eigenen Bedürfnisse aus. Das Kind ist für sie nur die Erweiterung ihrer eigenen Persönlichkeit. Sie betrachten es ganz uneingeschränkt als ihren persönlichen Besitz, über den sie nach Lust und Laune verfügen kann. Schließlich ist das Kind aus ihr hervorgegangen, es ist Teil ihres eigenen Fleisches und Blutes. Sie hat es ausgetragen und somit auch erschaffen. Die narzisstische Mutter betrachten ihr Kind niemals als eigenständiges Individuum, sondern es bleibt stets einen Teil ihrer selbst. Sie ist davon überzeugt, ein lebenslanges Recht an ihrem Kind zu besitzen und nimmt demzufolge dem Kind auch jedes Recht auf Selbstbestimmung und den eigenen Willen. Der eigene Wille des Kindes muss in jedem Fall unterdrückt und gebrochen werden, durch sanktionierende Strafen und oft auch mit körperlicher Gewalt. Protestiert oder rebelliert das Kind dagegen, wird es dafür verhöhnt oder noch drastischer bestraft. Außerdem solle es sich doch wegen einer Ohrfeige oder wegen dem "Versohlen des Hosenbodens" nicht so haben.

 

Die narzisstische Mutter formt ihr Kind nach ihren eigenen Vorstellungen.

In erster Linie will sie sich mit einem gut erzogenen, gebildeten, leistungsfähigen und erfolgreichen Kind selbst aufwerten. Jeder soll sehen, was sie für ein einmaliges Geschöpf in die Welt gesetzt hat und wie brillant ihre Erziehung und ihr Vorbild gewesen sein muss, wenn ein ach so außergewöhnlicher Mensch daraus hervorgeht. Für die narzisstische Mutter ist das Kind nur ein weiteres kostbares Prestigeobjekt, mit dem sie ihre Grandiosität unter Beweis stellen kann.

Dafür nimmt sie durchaus sehr viele Entbehrungen in Kauf: Sie organisiert und verplant den Alltag des Kindes, bringt in den Kindergarten und in die Schule, putzt es heraus, macht mit ihm Hausaufgaben. Sie hat ständigen Kontakt mit den Lehrern und Erziehern und informiert sich regelmäßig über den aktuellen Leistungsstand ihres Filius. Sie engagiert sich aktiv im Elternbeirat der Schule, kommt als freiwillige Begleiterin auf Klassenfahrten mit. Kurzum: sie hat die volle Kontrolle über das Leben des Kindes. Das geht sogar so weit, dass sie bestimmt, wie das Kind sich zu kleiden hat, welche Frisur es zu tagen hat und ob es sein Taschengeld ausgeben darf, oder nicht.

Als Gegenleistung erwartet narzisstische Mütter nicht nur von anderen Menschen (Verwandten und Bekannten) Bewunderung dafür, wie sie sich für ihre Kinder aufopfert, sondern sie erwartet dieselbe Bewunderung auch von ihrem Kind.

 

Übt das Kind aber Kritik an der Mutter, zeigt es ein „falsches“, nicht erwünschtes Gefühl oder hegt es Wünsche, die der Mutter missfallen, folgt die Bestrafung durch verschiedene Formen des Liebesentzuges, durch Verachtung und andere Mechanismen der Herabsetzung oder ganz einfach durch Ignorieren. Das Kind hat gefälligst die Aufgabe zu übernehmen, die Mutter möglichst positiv zu spiegeln und für ihr Wohlergehen zu sorgen und nicht anders. Diese enorme Erwartungshaltung können narzisstische Mütter niemals ablegen. Wer ihrem Schoß entspringt, wem sie das Leben geschenkt hat, der hat sich ein Leben lang ihren Interessen unterzuordnen. Außerdem empfindet sie es als persönliche Niederlage, wenn ihr Kind in ihren Augen scheitert. Sie wird es im bei jeder passenden Gelegenheit vorhalten, weil sie einfach kein anderes Ventil für ihre Enttäuschung findet. Vorhaltungen gehören genauso zu ihrem Repertoire der Manipulation, wie das Erzeugen von Schuldgefühlen, falsche Schuldzuweisungen, falsche Verdächtigungen und Nörgelei. Das Kind wird stets in die Rechtfertigungsposition gedrängt, vor allem soll es sich bei jeder Gelegenheit für sein nicht erwünschtes Verhalten schämen.

 

Meist wird das Kind idealisiert und nicht so gesehen, wie es ist. Die narzisstische Mutter spricht ihrem Kind Eigenschaften und Verhaltensweisen zu, die es gar nicht hat, die aber ihrer idealisierten Vorstellung entspringen. Sie erhofft sich, auf diese Weise ihr eigenes, als unzureichend empfundenes Ich zu vervollständigen und somit ihr inneres Defizit auszugleichen.

Das Kind dient ihr dabei als eine permanente  Quelle der Bestätigung und Bewunderung. Da das Kind ihr bedingungslos ausgeliefert ist, kann sie ihre Macht über das Kind grenzenlos ausleben.

 

Die narzisstische Mutter akzeptiert nur diejenigen Eigenschaften und Verhaltensweisen ihres Kindes, die ihr dienlich und nützlich erscheinen. Die aus ihrer Sicht unerwünschten Eigenarten ihres Kindes empfindet sie als einen Störfaktor, der schleunigst eliminiert werden muss. Jede Autonomiebestrebungen des Kindes wird im Keim erstickt, wenn notwendig bestraft und mit der Erzeugung von Schuldgefühlen nachhaltig belastet. Jede Zuwiderhandlung gegen die Anweisungen und Vorstellungen der narzisstischen Mutter wird von ihr als eine verletzende und vorsätzliche Aktion, als bösartiges Verhalten oder sogar als hinterlistiger Verrat empfunden. Sie schreckt nicht davor zurück, durch Zwangsmaßnahmen wie Stubenarrest, Fernsehverbot, Taschengeld-Entzug oder körperliche Gewalt die Loyalität ihres Kindes zu erzwingen.

 

Die narzisstische Mutter übt nicht nur eine strenge Kontrolle darüber aus, was ihr Kind zu tun und zu lassen hat, sondern kontrolliert darüber hinaus seine Gefühle und Gedanken. Sie glaubt, ihr Kind besser zu kennen als es sich selbst. Sie meint ganz genau zu wissen, was ihr Kind denkt, fühlt und will – zumindest bildet sie sich das ein. In Wahrheit will sie aber nur ihrem Kind einreden, was es zu denken, zu fühlen und zu wollen hat. Und als wäre es nicht schlimm genug, dass es sich ihren Erwartungen beugen soll, erwartet die narzisstische Mutter von ihrem Kind auch noch, dass es von ganzem Herzen selbst wollen soll, was sie wünscht. Sie verlangt, dass ihr Kind voll und ganz mit ihrem künstlich geschaffenen Idealbild verschmilzt. Die narzisstische Mutter ist unachtsam gegenüber den wahren Bedürfnissen ihres Kindes.

 

Besonders traurig ist: Niemals kann eine narzisstische Mutter ihr Kind so sehen, wie es wirklich ist. Sie begibt sich erst gar nicht auf die Suche nach dem wahren Wesen ihres Kindes. Sie ist unfähig, die ureigensten Veranlagungen und Möglichkeiten des Kindes zu sehen und explizit diese zu fördern. Dem Kind wird jede eigene Gefühlsregung abgesprochen. Ihm wird immer und immer wieder erklärt, dass es Quatsch sei, was es da fühlt. Ernstzunehmende Wehwehchen werden als Einbildung abgetan. Über die Zeit wirken solche Manipulationen wie eine Gehirnwäsche und schaden der Entwicklung einer stabilen Ich-Struktur des Kindes, in der es "ich" sagen kann und darf - ich bin ich und das ist, was ich fühle, was ich denke, was ich wahrnehme. 

 

Das Kind wird allgegenwärtig von der narzisstischen Mutter beschattet und überschattet, was jedoch nur das Misstrauen, das mangelnde Interesse, die Achtlosigkeit, die emotionale Abwesenheit und die fehlende Liebe der Mutter indiziert.

Die narzisstische Mutter zeigt nur selten ihre Gefühle. In erster Linie glauben sie, funktionieren und immer perfekt sein zu müssen. Sie strahlt kaum mütterliche Wärme aus und wenn sie mal kurz aufflammt, ist sie auch gleich wieder verflogen, weil sie ständig mit den Augen der Kritik, aber nicht mit dem Herzen schaut. Auch nimmt sie sich so gut wie keine Zeit für die wahren Bedürfnisse ihres Kindes. Sie kümmert sich zwar um alles und regelt sein Leben, zeigt dabei aber niemals echte Gefühle. Wenn eine narzisstische Mutter mal auf ihr Kind eingeht, hat solch ein Disput meistens den Charakter einer erzieherischen Intervention. Sie zeigt dann ihrem Kind auf, wie es zu funktionieren hat und lässt ihm dabei keine andere Wahl. Solch ein Kind wird nicht zu einem Menschen erzogen, sondern zu einer dressierten Marionette, die für alles sensibilisiert wird, was allein der Mutter wichtig ist.

 

Als Erwachsene benötigen Kinder narzisstischer Mütter eine sehr lange Zeit, um sich seelisch aus der schicksalshaften Verbindung zu lösen und sich im Leben selbständig zu orientieren. Im schlimmsten Fall wird solch ein Mensch ein Leben lang nicht wissen, wer er eigentlich ist. Selbst wenn er sich von der permanenten physischen Präsenz seiner narzisstischen Mutter gelöst hat und versucht, eine eigene Familie zu gegründet haben, bleibt er häufig „Sklave“ der Mutter und schaffen es nicht, sich dieser übermächtigen Figur zu entziehen. Ihrerseits wird sie sich konstant in sein Leben, in private, familiäre und sogar auch in berufliche Belange einmischen. Solch ein Mensch wird immer noch Angst vor den Forderungen seiner Mutter haben und es selten wagen, ihr zu widersprechen, oder Nein zu sagen.

 

Oft haben Kinder narzisstischer Mütter im Erwachsenenalter Probleme in Beziehungen und Partnerschaften. Entweder sie ordnen sich ein Leben lang einem dominanten Partner unter und werden dabei unglücklich und können sich auch in diesem Fall nicht ausleben. Oder die Beziehung oder Ehe geht bereits nach kürzester Zeit in die Brüche. 

Es kommt sehr oft vor, dass Söhne narzisstischer Mütter sich später narzisstische Frauen suchen. Diese suchen sich ihrerseits gerne als Lebenspartner einen schwächeren Mann, den sie – ebenso wie ihre Kinder – benutzen können. Mit anderen Worten: das von der Mutter in seiner Kindheit installierte devote Programm sucht sich sein Pendant. Letztendlich wird sich so ein Mann nicht gegen seine Frau stellen, aus Angst vor ihren unberechenbaren Reaktionen. Nicht selten kommt es vor, dass ein von einer narzisstischen Mutter traumatisierter Mann keine geeignete Partnerin findet und sein Leben lang "Junggeselle" bleibt.

 

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Michael (Montag, 16 Oktober 2023 17:25)

    Das kann man unterschreiben.
    Die narzistische Mutter hat auch eine Vorgeschichte, in der mit ihr das gleiche Spiel getrieben wurde.
    Der Weg aus diesen Verkettungen, ist sicher nicht leicht aber machbar. Was dabei auf diesem Weg wichtig ist, dass ist der innere Wille welcher den Entschluß beinhaltet, dieses Spiel nicht selber zu betreiben und Abschied nehmen zu können.
    Wahre Worte, -gerne kannst du einen zweiten Teil bringen.
    Vielen Dank.

  • #2

    Antonius (Montag, 16 Oktober 2023 18:27)

    Lieben Dank, Michael - für Deinen Kommentar.
    Ja, es ist nicht einfach. Auch ich bin automatisch von Narzissmus betroffen, nur kann ich es mir eingestehen. Und das ist das Wichtigste! Gefahr erkannt - Gefahr gebannt. Ansonsten ist eine Weiterentwicklung nicht möglich. LG