Die Politik der großen Zahl

Die Politik der großen Zahl - oder der Mut, ein Individuum zu sein.

Aus dem Buch von OSHO: Mut - Lebe wild und gefährlich

(frei übersetzt von Antonius)

 

Jede Gesellschaft ist von einer tief sitzenden neurotischen Erwartung geprägt, dass du dich genauso verhalten sollst, wie alle anderen.

Sobald du dich ein wenig anders verhältst, wirst du zu einem Fremden abgestempelt. Und die Leute haben sehr viel Angst vor dem Fremden.

Die meisten von ihnen möchten sich am liebsten in einer Menge aufhalten, in die sie hineinpassen.

Sobald du dich anders verhältst, werden alle sofort argwöhnisch. Etwas läuft da schief. Was ist denn das wohl für einer?

In dieser neurotischen Gesellschaft kann sich niemand selbst akzeptieren, so wie er ist. Alle verurteilen sich lieber selber und andere. Das gehört zum guten Ton. Und wenn du da nicht mitmachst, wenn du dich selbst annimmst, hast du der Gesellschaft den Rücken gekehrt.

Diese Gesellschaft kann es nicht ertragen, dass jemand aus dem Rahmen fällt, denn sie lebt von der Zahl ihrer Mitglieder. 

Es ist die Politik der großen Zahl. Je mehr Gleichgesinnte, desto besser fühlt man sich. Die große Zahl gibt den Leuten das Gefühl, im Recht zu sein. Millionen sind so wie sie, also können sie sich nicht irren. 

Doch wenn die Schäfchen ganz alleine sind, werden sie von starken Zweifeln geplagt. Niemand steht einem zur Seite. Wie soll man nun wissen, was richtig und was falsch ist?

Darum erfordert es in dieser Welt größten Mut, ein Individuum zu sein.

Um ein Individuum zu sein, musst du völlig angstfreien Boden unter den Füßen haben, nach dem Prinzip: „Es macht nichts, dass die ganze Welt gegen mich ist. Das einzige Wichtige ist, dass meine persönliche Erfahrung stimmt. Ich schaue nicht auf Zahlen und ich achte nicht darauf, wie viele Leute meiner Meinung sind. Nur die Gültigkeit meiner Erfahrung zählt. Entspringen meine Äußerungen - meiner eigenen Erfahrung? Oder wiederhole ich wie ein Papagei die Worte anderer? Wenn sie meiner eigenen Erfahrung entspringen, wenn sie Teil von mir, von meinem Fleisch und Blut sind, mag die ganze Welt das Gegenteil behaupten - ich habe trotzdem recht und sie nicht. Es ist mir gleichgültig. Ich brauche ihren Beistand nicht, um mich im Recht zu fühlen. Nur wer die Meinung anderer Leute vertritt, braucht Unterstützung von außen." 

Genauso hat diese neurotische Gesellschaft bis jetzt funktioniert. 

So will sie dich in ihrem Bann halten. 

Wenn es allen anderen mies geht, muss es dir auch mies gehen. Wenn alle anderen auf den Abgrund zu marschieren, musst du auch mitmarschieren. Du musst genau so sein, wie alle anderen. Abweichungen sind nicht erlaubt, denn Abweichungen führen letztendlich zur Individualität, zu Einzigartigkeit. Diese Gesellschaft hat aber große Angst vor Individuen (also: unteilbaren Menschen) und vor Einzigartigkeit. 

Denn das würde bedeuten, dass jemand unabhängig von der Meute geworden ist, dass er sich keinen Deut mehr um sie kümmert. Eure Götter, eure Tempel, eure Priester, eure Politiker, eure Wissenschafts-Experten und eure Schriften haben keine Bedeutung mehr für so einen freien Menschen.

Jetzt hat er sein eigenes wahres Wesen entdeckt, seinen eigenen Weg gefunden, seinen eigenen Stil - zu leben, zu feiern, zu singen, zu tanzen, zu sterben. Solch ein Mensch ist nach Hause gekommen. Und: Nach Hause kommt man nur alleine.

 

 

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